Zu dem sog. Vorhaben 89, dem Bau einer neuen Hochspannungsleitung von Westerkappeln bis zum Gersteinwerk nach Werne, nehme ich einmal persönlich in unterschiedlichen Rollen Stellung:
Als Bürgermeister der Stadt Drensteinfurt, als Vorsitzender der Touristischen Arbeitsgemeinschaft „Parklandschaft Kreis Warendorf“ sowie als Vorsitzender des Vereins 9Plus im Kreis Warendorf e.V.
Als Bürgermeister der Stadt Drensteinfurt gehört es zu meinen Aufgaben, Schaden und unzumutbare Belastungen von den heutigen sowie von den zukünftigen Bürgerinnen und Bürgern abzuwenden. Dies war zum Beispiel ganz maßgeblich auch meine Motivation zu Beginn meiner Amtszeit als Bürgermeister vor nunmehr gut 10 Jahren, als wir uns hier wie auch in weiteren Gemeinden des Münsterlandes und zum Glück aus heutiger Sicht erfolgreich gegen Erdgasbohrungen mittels Frackingtechnologie zur Wehr gesetzt haben.
Als Vorsitzender der Touristischen Arbeitsgemeinschaft „Parklandschaft Kreis Warendorf“ habe ich natürlich im besonderen Maße einen touristischen Blick auf unsere Region, die von dem Vorhaben 89 einmal von Nord nach Süd durchschnitten würde. Der Tourismus im Münsterland und damit auch in unseren Orten hat in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung und auch Größe gewonnen. Viele häufig familiengeführte Beherbergungs-, Gastronomie- sowie Freizeitbetriebe leben mittlerweile vollständig von diesem Wirtschaftszweig, der auch für uns Städte und Gemeinden immer mehr an Wichtigkeit gewinnt. Deren Interessen müssen im weiteren Planverfahren in besonderem Maße berücksichtigt werden.
Als Vorsitzender des Vereins 9Plus im Kreis Warendorf e.V. verfolge ich das Interesse, insbesondere die Entwicklung der ländlichen Wirtschaft im Rahmen der europäischen LEADER-Förderung voranzutreiben. Im aktuellen Förderzeitraum haben wir uns in einem von vier Handlungsfeldern auf die Fahnen geschrieben, die nachhaltige und zukunftsfähige Wirtschafts- und Lebensweise auszuweiten und zu fördern, die Naturräume und die Biodiversität in der Region zu stärken sowie die Schaffung und Verbesserung von Tourismusangeboten und deren Infrastrukturen. Ein weiteres Handlungsfeld umfasst den Ausbau und die Entwicklung von regionalen Wertschöpfungsketten. Hierzu gehört nach meiner Überzeugung auch der beschleunigte Ausbau einer dezentralen Energieerzeugung und –versorgung.
Am 10.09.2024 habe ich mich gemeinsam mit Christoph Britten, meinem Allgemeinen Vertreter und Leiter des Fachbereiches 2 – Planen, Bauen, Umwelt, mit dem Sprecher der Bürgerinitiative Stromtrasse Münsterland, Thomas Hoffmeister-Höfener, getroffen und in einem sehr konstruktiven Gespräch die aktuelle Situation betrachtet. Hierbei wurden diverse Bedenken, die ich bereits gegen die Art und Weise des Vorgehens von Seiten der Amprion GmbH bzw. gegenüber dem gesetzlichen Auftrag hatte, bekräftigt. Auch wurden meine Sorgen bestätigt, dass in dem bisher vorgestellten Verfahren nicht alle Interessen ausreichend Berücksichtigung finden. Dabei steht es grundsätzlich außer Frage, dass es im Vergleich zum heutigen Ausbaustand zusätzlicher Transportkapazitäten für Strom bedarf, da allein der Umfang des Strombedarfes in der Zukunft deutlich zunehmen wird, wenn die Energiewende sektorübergreifend gelingen soll. Und überdies drängt die Zeit. Der Bau einer Höchstspannungsleitung wird aufgrund des zu erwartenden hohen Raumwiderstandes jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zeitnah gelingen, so ist zumindest meine Überzeugung. Viel wichtiger und insbesondere auch aus den oben genannten Schutzinteressen heraus ist es daher geboten, vorrangig bereits vorhandene Infrastruktur zu nutzen, ggf. zu ertüchtigen und auch die Vor- und Nachteile des Transportes von Wechselstrom im Vergleich zum Gleichstrom intensiv zu betrachten. Da, wo sich der Neubau von Leitungen am Ende als nicht verzichtbar darstellt, muss sorgfältigst geprüft und abgewogen werden, ob die unterirdische Verlegung nicht die verträglichere Alternative zur Hochspannungsleitung darstellt.